Das Krankenpflegepraktikum & wie man das Beste daraus macht
- Medical Sarah
- 11. März 2018
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 22. Sept. 2018

Im Medizinstudium muss jeder Student ein Praktikum in der Krankenpflege machen. Manch einer, so wie ich, hat schon eine Ausbildung und kann sich diese anrechnen lassen. Da ich also gefühlt 3 Jahre Krankenpflegepraktikum gemacht habe, kann ich euch nun davon berichten und meine Tipps teilen.
Insgesamt muss ein Dienst von 90 Kalendertagen, also 3 Monaten abgeleistet werden. Um einen möglichst weit gefächerten Eindruck zu bekommen, sollte man in so viele Fachrichtungen wie möglich reinschnuppern. Das Praktikum darf auf 3 Abschnitte aufgeteilt werden (3x 30 Tage), also sind min. 3 Fachrichtungen möglich. Manche Krankenhäuser haben auch noch gemischte Stationen, wo dann Patienten von 2 (ganz selten 3) Fachrichtungen untergebracht sind. Um die verschiedenen Schwerpunkte der pflegerischen Tätigkeit kennen zulernen, empfehle ich eine Mischung aus einer Chirurgischen, einer Inneren und einer Station freier Wahl. Auf den Chirurgischen Stationen lernt man insbesondere die spezielle prä- & post-OP-Pflege kennen, assistiert bei Verbandswechseln, lernt wie man jemanden entsprechend seinem Krankheitszustand mobilisiert und hat evtl. sogar die Chance im OP einem Eingriff beizuwohnen. Klingt spannend oder? Stationen, wo auch Operationen durchgeführt werden sind:
Unfallchirurgie- & Orthopädie
Hand- & Fußchirurgie
Thoraxchirurgie
Neurochirurgie
allgemeine & viszerale Chirurgie
Urologie
Gynäkologie
Augenheilkunde
Dermatologie
Natürlich bringt jede Fachrichtung auch nochmal ein spezielles Spektrum an Krankheiten mit sich, die auch ohne operative Maßnahmen oder minimal invasiv therapiert werden.
Auf einer Inneren Station lernt man besonders das Erheben und Beurteilen von den Vitalzeichen.Blutdruck, Puls, Atemfrequenz? Hier kann ich nur empfehlen, möglichst immer das manuelle Messen, der neuen Technik vorzuziehen. Denn nur durch Übung wird man besser. Außerdem ist es ganz schön peinlich, wenn man sich zu sehr auf z.B. ein elektronisches Blutdruckmessgerät verlässt und dann wenn es mal kaputt ist (gefühlt ständig) nicht die Technik beherrscht um manuell zu messen. Was gibt es noch zu lernen auf der Inneren Station? Man lernt eine Unmenge an verschiedenen Krankheitsbildern kennen, chronische Erkrankungen, wie Hypertonus, Diabetes Mellitus oder eine chronische Niereninsuffizienz. Außerdem wird auch viel mit Medikamenten therapiert, schaut euch an, was es für Medikamentengruppen gibt, worauf bei der Einnahme zu achten ist und welche Nebenwirkungen es gibt. Vielleicht habt ihr auch die Chance bei verschiedenen Diagnoseverfahren zuzuschauen oder sie evtl. sogar selbst durchzuführen (z.B. ein EKG schreiben). Eine Innere Station kann genauso spannend sein, wie eine Chirurgische, aber eben auch anders. Innere Fachrichtungen sind:
Kardiologie
Neurologie
Pneumologie
Infektiologie
Gastroenterologie
Onkologie- & Hämatologie
Natürlich lernt ihr auf jeder dieser Stationen auch die Grundpflege kennen. Häufig wird nur von „waschen“ gesprochen, doch es ist soviel mehr! Um einem Menschen in den pflegerischen Tätigkeiten des täglichen Lebens behilflich zu sein, müsst ihr zunächst einschätzen, was der Patient kann und was nicht. Redet dabei mit dem Patienten, häufig kann einem ein Patient auch genau sagen was er nicht kann, achtet allerdings darauf, dass ihr nicht übers Ohr gehauen werdet und mehr als nötig übernehmt. Es gibt den seltsamen Fall, dass Menschen sobald sie ins Krankenhaus kommen sämtliche Selbstständigkeit ablegen, dies kann bei einem längeren Aufenthalt so schädlich sein, dass derjenige hinterher wirklich nicht mehr fähig ist, diese Tätigkeiten auszuführen. Eine gute Pflege berücksichtigt also auch die Ressourcen des Patienten, damit er während seinem Aufenthalt im Krankenhaus nicht abbaut. Außerdem solltet ihr bei der Körperpflege auch auf den Haut- und Zahnzustand achten. In der Pflege sind Prophylaxen das A und O. Dekubitus-, Pneumonie-, Aspirations- und Sturzprophylaxe um einige Wichtige zu nennen. Lasst euch die entsprechenden möglichen pflegerischen Maßnahmen von einer Schwester zeigen und baut Sie in die Körperpflege mit ein! Gute Pflege braucht Zeit! Dass die bei dem derzeitigen Personalnotstand immer knapp ist, sollte jedem klar sein. Doch als Praktikant hat man häufig die Möglichkeit, dem ein oder anderen Patienten mehr Zeit zu widmen.
„Ihre Haare wurden seit einer Woche nicht gewaschen, dann wird es aber Zeit! “
„Sie haben Angst vor der OP? Lassen Sie es raus, ich höre zu, vielleicht kann ich Ihnen ein paar ihrer Ängste nehmen.“
„Sie würden gerne eine Runde über den Stationsflur drehen, trauen sich aber nicht alleine? Ich begleite Sie.“
„Der Arzt hat Ihnen ein neues Medikament verschrieben und Sie haben nicht mitbekommen wofür? Ich schaue für Sie nach.“
In der Pflege ist man der Ansprechpartner Nr. 1 für so gut wie alle Belange, einfach schon deshalb, weil immer einer vom Pflegepersonal da ist. Wichtig ist das Zuhören. Manchmal reicht das alleine schon aus, damit es dem Patienten besser geht. Manchmal muss man etwas machen. Manchmal weiß man nicht was man machen müsste, damit es dem Patienten besser geht. Hier ist es besonders wichtig ehrlich zu sein! Macht keine falschen Versprechungen, die Beziehung zwischen Patient und Pflege beruht auf Vertrauen. Wenn ihr nicht weiter wisst, sagt das dem Patienten: „Ich weiß nicht was zu tun ist...“ Das ist vollkommen in Ordnung schließlich lernt ihr noch! Doch ihr könnt dem Patienten trotzdem helfen, ihr kennt nun das Problem und könnt euch Informieren und Hilfe holen: „...,aber ich informiere mich und komme dann auf Sie zurück.“ Als Praktikant seid ihr eine unglaubliche Bereicherung für jede Station! Seid euch dessen klar und lasst euch nicht ausnutzen. Wenn ihr das Gefühl habt, dass ihr nur „die Drecksarbeit“ machen sollt und nichts gezeigt bekommt, nichts lernt, einen Patienten waschen sollt, ohne jegliches Vorwissen...dann sagt das. Ich weiß es ist schwer, wenn man irgendwo neu ist, Kritik zu üben. Kommunikation ist nicht nur zwischen Patient und Praktikant/Pflege bedeutend, sondern auch innerhalb der Pflege bei den Kollegen untereinander. Daher sollte, wenn ihr konkret angeben könnt, was ihr gerne gezeigt, beigebracht bekommen wollt, was ihr euch wünschen würdet, jede Schwester oder Pfleger da auch Verständnis für haben. Das Einzige, dessen ihr euch von Anfang an bewusst sein müsst, ist, dass es ein Pflegepraktikum ist, d.h. ihr werdet die Schwestern und Pfleger in ihrem Arbeitsalltag begleiten, nicht die Ärzte. Der Diagnostik und Therapie könnt ihr evtl. ab und zu beiwohnen, sie stehen aber nicht im Fokus, sondern die Pflege.
Den 3. Einsatz könntet ihr dann dort machen, wo ihr vielleicht bereits ein spezielles Interesse habt. Ich empfand beispielsweise die Neurologie von den Krankheitsbildern her äußert spannend. Ebenso auch die Onkologie & Hämatologie... Krebs ist nicht gleich Krebs und es gibt unglaublich viele unterschiedliche Therapieverfahren. Die für die Onkologie spezielle Pflege (Pflege bei Strahlentherapie, Pflege bei Chemotherapie, Pflege bei Übelkeit, Pflege bei Immunschwäche) hat man auf anderen Stationen auch eher selten. Natürlich kommt man auf solch einer Station auch häufiger mal mit dem Tod in Berührung. Die Urologie hat mich auch begeistert, ich habe einmal einer offenen Prostatektomie des Chefarztes beigewohnt und habe alles erklärt bekommen und konnte den Patienten danach viel besser pflegerisch betreuen. Unter anderem weil ich anschließend ein besseres Verständnis dafür gewonnen hatte, was gemacht worden war. Wenn ihr unentschlossen seid, könnt ihr evtl. auch auf eine interdisziplinäre Station, also einer Station mit ganz vielen Fachrichtungen. In dem Krankenhaus in dem ich nach meiner Ausbildung gearbeitet habe, war dies die Komfortstation und es hat unglaublich viel Spaß gemacht dort zu arbeiten und war sehr abwechslungsreich. Aber letztendlich ist es euch selbst überlassen wo ihr euer Pflegepraktikum macht. Euch und der Pflegedirektion des Krankenhauses... wenn für den Zeitraum, wo ihr euer Praktikum machen wollt, bereits alle Stellen für Praktikanten auf euer Wunschstation vergeben sind, dann kann es passieren, dass ihr einer anderen Station zugewiesen werdet. Mein Tipp ist daher, euch frühzeitig um einen Platz zu kümmern. In der Regel machen alle Medizinstudenten ihr Pflegepraktikum in der vorlesungsfreien Zeit, daher sind natürlich kurz vorher die Praktikumsplätze rar.
Und mein letzter Tipp ist einfach unvoreingenommen und mit positiven Gedanken euer Praktikum zu beginnen. Wenn ihr aufgeschlossen für Neues seid, Interesse zeigt und lernbegierig seid, dann merken dass auch die Krankenpfleger und -pflegerinnen und sind auch viel geneigter euch etwas zu zeigen, etwas beizubringen, euch einen Tag im OP zu ermöglichen. Als wenn ihr von Anfang an mit mieser Laune und einer „ist alles Scheiße“-Haltung anfangt.
Viel Spaß!
Comments